Das vorliegende Sachbuch mit dem Titel „Impfpflicht“ ist als dritter Band der Reihe „Pandemiemanagement auf dem Prüfstand“ am 17. August 2023 erschienen. Der Autor heißt Günter Kampf und ist selbständiger Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin in Hamburg sowie außerplanmäßiger Professor für Hygiene und Umweltmedizin an der Universität Greifswald.
Sämtliche drei Bände der Reihe „Pandemiemanagement auf dem Prüfstand“ wurden von Herrn Kampf während der COVID-19-Pandemie für einen nicht notwendigerweise medizinisch gebildeten Leserkreis verfasst.
Das vorliegende Sachbuch ist der kritischen Bewertung des Pandemiemanagements im Hinblick auf eine staatlich verordnete Impfpflicht gegen COVID-19 gewidmet. Eine solche Impfpflicht wurde für die Allgemeinbevölkerung in Deutschland zwar vom Deutschen Bundestag im Rahmen einer Abstimmung am 7. April 2022 abgelehnt. Eine einrichtungsbezogene Impfpflicht galt jedoch in Deutschland für bestimmte Berufsgruppen entweder zeitweise (z.B. die Beschäftigten im Gesundheits- und Pflegebereich) oder sogar über das Datum des Erscheinens des vorliegenden Sachbuches hinweg (z.B. für die Angehörigen der Bundeswehr).
Das vorliegende Sachbuch führt inhaltlich die bereits im ersten Band („2G“) behandelte Thematik fort und weist mit insgesamt 190 Seiten, 263 Bibliographie-Referenzen sowie 10 Tabellen und 18 Abbildungen einen ähnlichen Umfang auf wie der zweite Band der Reihe („Maskenpflicht“). Die Darstellung ist (wie bei den früheren Beiträgen auch) sehr faktenorientiert und erlaubt auch dem nicht in dieser Materie erfahrenen Leser, sich in kürzester Zeit einen umfassenden und sehr guten Überblick über die Impfpflicht-Problematik zu verschaffen.
Erfreulicherweise bleibt der Autor auch im vorliegenden dritten Band seinem pädagogisch-didaktische Anspruch treu und hat am Ende des Werkes ein sehr hilfreiches Glossar (S. 155-158) eingefügt, in dem der vor allem medizinisch nicht ausgebildete Leser wertvolle Erläuterungen zu über 40 Fachbegriffen (von „Adenovirus-Vektor“ über „Lipidnanopartikel“ und „Myokarditis“ bis hin zu „Zytostatikum“) erhält.
Der Autor ist ein Meister der sprachlichen Klarheit und pädagogischen Methodik. Die teilweise sehr komplexen medizinisch-wissenschaftlichen Zusammenhänge werden stets in einer für den Laien eingängigen und bestens verständlichen Sprache erläutert.
Beeindruckend ist insbesondere, dass der Autor als Mediziner und Nicht-Jurist einen beträchtlichen Teil seiner Ausführungen der rechtlichen sowie insbesondere verfassungsrechtlichen Bewertung einer staatlich verordneten COVID-19-Pflicht widmet (Kap. 2-6, S. 16-79).
Darüber hinaus kann das Werk – wie dies bereits für die Bände 1 und 2 der Fall ist – auch eine „Spiegelfunktion“ für diejenigen prominenten Politiker, Mediziner und Wissenschaftler sowie Vertreter von medizinisch-wissenschaftlichen Institutionen haben, die im Laufe der Covid-19-Pandemie teilweise völlig widersprüchliche Meinungen vertreten und/oder plakative Äußerungen in der Öffentlichkeit abgegeben haben (S. 11–13, S. 24-25, S. 54, S. 123-126, S. 151), deren Wahrheitsgehalt von dem Autor auf der Grundlage der bereits damals verfügbaren wissenschaftlichen Quellen kritisch „unter die Lupe genommen“ wird. Vielleicht könnte die heutige Lektüre bei diesen Personen zumindest bewirken, dass sie sich nachträglich von solchen Äußerungen ausdrücklich distanzieren und in Zukunft bei der öffentlichen Äußerung ihrer Ansichten vorsichtiger sind.
Das Sachbuch besticht durch eine außergewöhnlich hohe Faktenorientierung und eine umfassende wissenschaftliche Quellenanalyse. Es ist vom Stil äußerst eingängig und für den Leser geradezu „spannend“ geschrieben. Man kann sich den Inhalt des Sachbuches in kürzester Zeit im Rahmen einer zusammenhängenden Lektüre aneignen und daneben auch wie ein Nachschlagewerk im Hinblick auf die zahlreichen Zusammenfassungen und Schlussfolgerungen sowie die höchst illustrativen Tabellen, Statistiken und Auswertungen zur punktuellen Konsultation heranziehen.
Bewundernswert ist in formaler Hinsicht, dass trotz der extremen Detailliebe zu Fakten, Zahlen und Referenzen dem Autor so gut wie keine redaktionellen Ungenauigkeiten unterlaufen sind. Lediglich auf S. 17 fehlt im ersten Satz des dritten Absatzes die Negation „nicht“, wobei sich diese Lücke jedoch kontextuell besten erschließen lässt.
Nach einem einführenden ersten Kapitel zur COVID-19-Impfpflicht im Ländervergleich (Deutschland, Österreich, Schweiz, Frankreich, Großbritannien und USA) erläutert der Autor in den zwei folgenden Kapiteln, welche Grundrechte von der COVID-19-Impfpflicht betroffen sind (Kapitel 2) und welche Ziele mit der Impfpflicht verfolgt wurden (Kapitel 3).
In den folgenden drei Kapiteln geht es um die Frage der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Impfpflicht, die vom Autor – entsprechend der verfassungsrechtlichen Systematik und Dogmatik – im Hinblick auf ihre Eignung (Kapitel 4), Erforderlichkeit (Kapitel 5) und Angemessenheit (Kapitel 6) untersucht wird.
In den Kapiteln 7 und 8 geht der Autor den in der Bevölkerung vorherrschenden Motivationen für bzw. gegen eine COVID-19-Impfung nach.
Die verbleibenden Kapitel 9 bis 14 stehen unter dem Leitmotiv des verloren gegangenen Vertrauens von Teilen der Bevölkerung gegenüber den Impfstoffherstellern (Kapitel 9), Zulassungsbehörden (Kapitel 10), dem Paul-Ehrlich-Institut (Kapitel 11), dem Robert Koch-Institut (Kapitel 12) sowie der Ständigen Impfkommission / STIKO (Kapitel 13). Der Autor geht dabei auch der entscheidenden Frage nach, wie man das während der COVID-19 Pandemie abhanden gekommene Vertrauen in die Wirksamkeit und Sicherheit von Impfungen, in die staatlichen Institutionen sowie ganz allgemein in die sog. „Wissenschaft“ wiederherstellen kann (Kapitel 14).
Abschließend wagt der Autor einen Ausblick auf die Zukunft und stellt sich und den Lesern die berechtigte Frage: „Was wird bleiben“ (Kapitel 15).
Im Folgenden sollen jeweils zwölf (12) besonders relevante Aussagen, Schlussfolgerungen und Zitate des Autors zur Frage der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung einer Impfpflicht (A) sowie des Vertrauensverlustes und der erneuten Erlangung verloren gegangenen Vertrauens (B) zusammenfassend dargestellt werden:
A) Frage der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung einer Impfpflicht:
- Eine Impflicht gegen COVID-19 kann letztlich nur mit einem angenommenen Fremdschutz begründet werden (S. 23).
- Pauschalaussagen von Politikern wie z.B. von Janosch Dahmen (Grüne) „Geimpfte Menschen sind keine Gefahr mehr, deshalb können für diese Menschen auch keine Einschränkungen mehr gelten“ oder von Markus Söder (CSU) „Wer geimpft ist stellt keine Gefahr dar, deshalb muss man ihnen verfassungsrechtlich zwingend die Grundrechte zurückgeben“ waren schon damals (Juli/ August 2021) nachweislich falsch. Geimpfte Personen stellten bereits im Sommer 2021 durchaus ein Übertragungsrisiko dar, auch wenn dieses damals im Vergleich zu den Ungeimpften als geringer eingeschätzt wurde (S. 24).
- Auf der Grundlage aller bis zum 7. April 2022 veröffentlichten Daten zur Virusübertragung von Geimpften und Ungeimpften gibt es insgesamt keine konsistente Evidenz dafür, dass die COVID-19-Impfung einer Index-Person das Risiko einer Übertragung auf „Kontaktpersonen“ stark mindert (S. 31).
- Die vereinfachte Aussage, dass „durch die Impfung die Viruslast verkleinert wird“, hält einer Überprüfung der bis zum 07. April 2022 veröffentlichten Evidenz-Studie nicht stand (S. 36).
- Während der Omikron-Dominanz zeigten fast alle Studiendaten keinen signifikanten Unterschied in der Viruslast zwischen Ungeimpften und vollständig Geimpften. Damit war ein Hauptargument („niedrigere Viruslast“) für die Eignung der Impfung als Fremdschutz entfallen (S. 38).
- Die Zahlen aus Deutschland von Ende 2021 zeigen zwar deutlich mehr symptomatische COVID-19-Fälle bei Ungeimpften, der Unterschied nahm ab 2022 merklich ab. Daten aus Großbritannien aus dem gleichen Zeitraum deuten darauf hin, dass die Häufigkeit von symptomatischen und asymptomatischen COVID-19-Fällen in den mittleren Altersgruppen bei Geimpften sogar deutlich höher war. Aufgrund fehlender Daten zu asymptomatischen COVID-19-Fällen in Deutschland ist daher fraglich, ob Geimpfte im April 2022 insgesamt seltener infiziert waren (S. 45).
- Für den Gesundheits- und Pflegebereich war keine Erforderlichkeit für eine COVID-19-Impfpflicht erkennbar, da die Impfquoten bereits hoch waren und eine weitere Erhöhung der Impfquoten keinen zusätzlichen relevanten Fremdschutz erwarten ließ (S. 47).
- Die stetige Zunahme von Durchbruchsinfektionen zeigte eindrücklich, dass auch geimpfte Personen immer wieder an COVID-19 erkranken. Das Konzept der Ausrottung von COVID-19 durch Massenimpfung hielt der Realität nicht stand (S. 50).
- Die Wahrscheinlichkeit schwerer COVID-19-Verläufe war durch die Dominanz der Omikron-Variante stark reduziert, was eine Überlastung des Gesundheitssystems deutlich unwahrscheinlicher machte (S. 52).
- Für die Allgemeinbevölkerung konnte keine Erforderlichkeit für eine Impfpflicht gegen COVID-19 festgestellt werden. Die Wirksamkeit der Impfstoffe war gegenüber der Omikron-Variante deutlich geringer und teilweise nicht mehr vorhanden. Spätestens mit dieser Erkenntnis gab es keinen begründbaren Ansatz mehr, mit einer Impfpflicht eine Herdenimmunität erreichen zu wollen, mit der Infektionsketten unterbrochen werden können. Es mutet rückblickend fast grotesk an, dass während der Dominanz der Omikron-Variante ernsthaft über eine Impfpflicht gegen COVID-19 nachgedacht bzw. diese von Teilen der Politik und Wissenschaft befürwortet wurde (S. 52).
- Die COVID-19-Impfung ist nicht nebenwirkungsfrei, da häufig leichte Nebenwirkungen auftreten und seltener schwere Nebenwirkungen bis hin zu tödlichen Verläufen beschrieben wurden (S. 54).
- Nach wiederholter Impfung mit mRNA-Impfstoffen stieg der Immunglobulin-G4(lgG4) -Spiegel bei einigen Personen stark an. Vieles deutet darauf hin, dass dieser Anstieg einen Mechanismus der Immuntoleranz gegenüber dem Spike-Protein darstellt. In der Folge könnte diese Unterdrückung der natürlichen antiviralen Reaktionen durch lg64 eine ungehinderte Infektion und Replikation von SARS-CoV-2 begünstigen. Mit anderen Worten, es besteht in diesem Fall keine relevante Schutzfunktion der Impfung mehr, die sich von der ungeimpfter Personen unterscheidet. Eine erhöhte lgG4-Synthese durch wiederholte mRNA-Impfungen mit hohen Antigenkonzentrationen kann bei empfänglichen Personen auch zu Autoimmunerkrankungen, Krebsentstehung und Autoimmunmyokarditis führen (S. 64).
B) Frage des Vertrauensverlustes und der erneuten Erlangung verloren gegangenen Vertrauens
- Die Verzögerung bei der Bekanntgabe der abgeschwächten Wirkung des COVID-19-Impfstoffes sowie die kolossalen Strafzahlungen, zu denen der Pharmakonzern Pfizer zum Beispiel zwischen 2003 und 2016 (18 Strafzahlungen in Höhe einer Gesamtsumme von rund 2,9 Mrd. US-Dollar) verurteilt worden ist, sind Anzeichen für einen Mangel an Transparenz, die als Grundlage für Vertrauen notwendig wäre (S. 90, 91).
- Es gibt glaubwürdige Hinweise auf relevante Unregelmäßigkeiten in der Zulassungsstudie des Impfstoffs von BioNTech / Pfizer, die die Sicherheitsbewertung beeinflussen könnten. Die Fachzeitschrift, in der die Zulassungsstudie veröffentlicht wurde, ignorierte diese begründeten Hinweise auf solche Unregelmäßigkeiten. Vertrauen in die Unbedenklichkeit neuartiger Impfstoffe kann nur dann hergestellt werden, wenn Transparenz geschaffen wird und der Hersteller als Sponsor der Studie verpflichtet wird, Unregelmäßigkeiten nachvollziehbar aufzuklären (S. 94).
- Es gibt gute Gründe, mRNA-Produkte zur Impfung regulatorisch als Arzneimittel bzw. sog. „Prodrugs“ (d.h. Wirkstoffe, die keine eigene pharmakologische Wirkung besitzen, sondern erst durch metabolische oder physikalisch-chemische Umwandlung in den pharmakologischen aktiven Wirkstoff umgewandelt werden müssen) einzustufen. Dies hätte zwei wesentliche Vorteile, nämlich zum einen ein gesteigertes Informationsbedürfnis über die Sicherheit der Produkte vor ihrer Zulassung und zum anderen die Einordnung in ein Pharmakovigilanz-System, dessen Ziel es ist, unbekannte und unerwartete Nebenwirkungen zu erkennen. Die Einstufung der mRNA-Produkte als sog. „Impfstoffe“ erschwert hingegen den Nachweis eines kausalen Zusammenhangs zwischen einer Nebenwirkung und der Verabreichung des Impfstoffes (S.95,101).
- Vertrauen wird durch Transparenz geschaffen. Die Spezifikationsgrenzen eines neuartigen Arzneimittels sollten kein Firmengeheimnis sein, insbesondere dann nicht, wenn sie grob vom Arzneimittelstandard abweichen. Das Vertrauen wäre größer, wenn die Spezifikationsgrenzen bekannt wären und die vermutlich grobe Abweichung vom Arzneimittelstandard nachvollziehbar begründet würde (S.105).
- Es gibt belastbare Erkenntnisse, die für einen mRNA-Impfstoff auf chargenabhängige Nebenwirkungsraten hinweisen. Dies kann zu einem Vertrauensverlust in die pauschale Aussage des Paul-Ehrlich-Instituts „Nebenwirkungsraten sind nicht chargenabhängig“ führen (S. 118).
- Die ständige Impfkommission (STIKO) könnte und sollte ihre Unabhängigkeit dadurch unter Beweis stellen, dass Formulierungen wie “ein bisschen Entgegenkommen gegenüber der Politik“ nicht zu ihrem Sprachgebrauch gehört und sie ihre Empfehlungen so formuliert, wie diese ausschließlich wissenschaftlich und nachvollziehbar begründet werden, auch wenn dies den Wünschen mancher Politiker diametral entgegensteht (S. 127).
- Das Vertrauen in die Wirksamkeit der COVID-19-Impfstoffe kann gestärkt werden, wenn die Rohdaten der zulassungsrelevanten Studien veröffentlicht und somit von unabhängigen Wissenschaftlern überprüft werden können (S. 128).
- Das Vertrauen in die Wirksamkeit der COVID-19-Impfstoffe hätte gestärkt werden können, wenn der Fokus auf die Reduktion schwerer oder tödlicher Verläufe in der am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppe gelegt worden wäre (S. 129).
- Ein sog. niedrigschwelliges System zur Erkennung von Sicherheitssignalen ermöglicht die Früherkennung von Nebenwirkungen und schafft Vertrauen, insbesondere wenn es sich um einen neuartigen Impfstoff handelt (S. 131).
- Jede Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder das Auftreten einer neuen Erkrankung im zeitlichen Zusammenhang mit einer COVID-19-Impfung sollte vom behandelnden Arzt als mögliche Impfnebenwirkung angesehen und abgeklärt werden. Bei neuartigen Wirkstoffen sollte dies eine medizinische Selbstverständlichkeit sein (S. 132).
- Eine wiederholte Aufforderung an Ärzte vor Beginn der Impfkampagne, Verdachtsfälle zu melden, eine angemessene Vergütung dieser Meldungen, die zügige Einleitung von Bußgeldverfahren mit Bußgeldbescheid bei Nichteinhaltung der Meldepflicht und die Einrichtung einer zentralen Meldestelle für Patienten, die einen Impfschaden vermuten, aber von ihrem Arzt nicht ernst genommen werden, hätten mehr Vertrauen in die offiziellen Angaben zur Impfstoffsicherheit schaffen können (S. 134).
- Es hätte niemals so weit kommen würfen, dass der Staat zum Gegner eines Bürgers mit schwerem Impfschaden wird und im Grunde ausschließlich die Interessen eines Pharmakonzerns zu vertreten hat. Der Staat sollte vielmehr die Geschädigten angemessen unterstützen (S. 141).
Prof. Dr. Jochen Bauerreis
Strasbourg/Kehl am Rhein, den 24.01.2024